Romeo

in Ungarn
angekommen

 

Haaallooo, ich bin‘s, der Romeo.

 

Ich möchte Euch erzählen, wie es mir geht. Ja, schon klar, Ihr seid ja nicht doof und seht, dass ich auf einer eigenen Matratze im Wohnzimmer liege. Ich finde es prima.  Also geht es mir gut.

 

 

Aber der Reihe nach.

 

Ich habe fast zwei Jahre bei der lieben Tierschützerin Martí in Ungarn gelebt, und das war toll.

Dann aber wuchs Martí die Arbeit im Tierschutz über den Kopf und so hat sie sich schweren Herzen entschlossen, Ihre Tierschutzfreunde in Deutschland zu bitten, für mich ein Zuhause zu suchen, in dem sich die Menschen die Zeit für mich nehmen könnten, die ich so gerne hätte.

 

So fuhr ich denn zu Frau Müller. Frau Müller hilft als Pflegestelle die Zeit zu überbrücken, bis jemand meint, er würde mich mögen können.

Also ich will es mal deutlich sagen: Am liebsten wäre ich ja bei Frau Müller geblieben. Die ist soooo nett und lieb, und ich fand es ganz toll bei ihr. Ich bin nämlich ziemlich ängstlich und Frau Müller hat darauf stets Rücksicht genommen. Aber sie kann ja nicht alle Hunde für immer behalten. Und darum kam, was kommen musste. Es riefen irgendwelche Menschen an, die wollten, dass ich zu ihnen käme.

Frau Müller packte mich in ihr Auto und wir besichtigten die Leute. Als wir da ankamen, bin ich fast vom Hocker gefallen: Die hatten ja schon vier Hundchen. Alle klein und alt und aus dem Tierschutz. Was sollte ich denn da? Was wollten die denn mit noch einem Hund? Ok, die Fußhupen waren freundlich zu mir, aber mich hat das alles nicht weiter interessiert, ich wollte mit Frau Müller wieder nach Hause. Das hat auch prima geklappt. Alles gut. Da ich aber nur ungarisch spreche und verstehe, habe ich nicht mitbekommen, dass diese Leute mit den kleinen Murksern mich toll fanden. Ich hätte mich mehr mit der deutschen Sprache beschäftigen müssen, dann hätte ich noch was ändern können. So aber nahm das Schicksal seinen Lauf. Tja.

Die Leute trafen sich heimlich und beschlossen, dass ich umziehen solle. Ohne mir was zu sagen. Wie findet Ihr denn sowas?

 

Eines ganz normalen Mittwochs im Juni, ich lag gerade im Körbchen im Haus von Frau Müller, klingelte es an der Haustür, Frau Müller öffnete – und da stand der Typ von den vier Kleinhunden auch schon im Zimmer. Na, den habe ich aber erstmal angemault. Und, was hat der gemacht? Gelächelt hat er. Und gemeint, das würde schon werden mit uns. Unmöglich der Typ!

Frau Müller und er haben sich noch etwas unterhalten, dann nahm mich Frau Müller an die Leine. „Klasse,“ dachte ich, „jetzt gehen wir spazieren.“ Ja, typischer Fall von „Denkste!“. Sie ging mit mir zu einem fremden Auto und hob mich hinein. Also, wenn ich mich allem gerechnet hätte, aber damit?

Dann stieg der Typ dazu und fuhr einfach los. In die Eifel, wie ich später erfuhr. Genau dahin, wo ich schon mal war, zu den vier klapprigen alten Hunden, die mich schon wieder freundlich empfingen.

Es gab sogar was zu fressen. O.k, da wollte ich mal nicht so sein und bin erstmal geblieben.

 

Abends sollte ich mit dem Mann, der, das muss ich zugeben, sehr freundlich und sanft mit mir umging, die Treppe hoch ins Schlafzimmer, wo eine Matratze neben dem Bett lag, auf der ich schlafen sollte. Eine offene Treppe, bei der man durch die Stufen in den Keller gucken kann? Kommt gar nicht in Frage. Nee, ohne mich!

Und, was machte dieser komische Typ? Er legte sich nachts im Wohnzimmer auf eine Klappmatratze neben mich auf den Boden. Also, Ideen haben die Leute, man glaubt es nicht.

So ging das die nächsten vier Nächte weiter, weil ich die Treppe nicht hochgehen wollte. Irgendwann, so überlegte ich, würde er das Schlafen auf dem Fußboden schon satt sein, er würde Frau Müller anrufen und dann hätte ich gewonnen.

Am fünften Abend wieder dasselbe Theater. Ich sollte die Treppe hoch. Na, das kannte ich ja schon. Doch, halt, was war das denn? Das war doch nicht die Treppe von gestern? Da hatten er und seine Frau doch – schon wieder heimlich – die Lücken zwischen den Trittstufen mit schönem Tuch verschlossen. Ich musste nicht mehr in den Keller gucken, bin auf den fiesen Trick reingefallen und die Treppe hoch ins Schlafzimmer getappt, als hätte ich nie was anderes gemacht. Und weil der Typ, ich will ihn jetzt mal Herrchen nennen, sich ins Bett legte, habe ich dann um des lieben Friedens willen auf der Matratze geschlafen. Wenn ich ehrlich bin: Es hätte schlimmer kommen können.

 

Seit der Zeit bin ich kooperativ. Was bleibt mir denn anderes übrig? Herrchen und Frauchen sind nett und freundlich, die Fußhupen wollen nicht mal an mein Futter. Prima.

 

 

 

Anfangs habe ich immer unter dem Tisch gelegen, das war meine sichere Höhle,

 

aber dann war ich mutig und habe mich mit Unschuldsblick aufs Sofa gelegt. Herrchen hat nix gesagt. Ich habe seinem Blick angesehen, dass er es klasse fand und findet.

 

Seitdem liege abends neben Herrchen auf dem Sofa und schaue fern. Das heißt er schaut fern, ich werde beschmust. Eine prima Lösung. So schläft Herrchen auch nicht ein, weil der Film langweilig ist.

 

 

 

Und jetzt kommt der Knaller: Jeden Tag geht Herrchen mit mir spazieren. Ach, was heißt spazieren: Er geht mit mir wandern. Mindestens fünf, meist acht, oft auch über zehn Kilometer durch die Eifel. Damit ich nicht plötzlich abhaue, wenn ich vor etwas Angst haben, was ich nicht kenne, muss ich eine Leine hinter mir herschleppen, deren Ende Herrchen in der Hand hält.

 

Immer, wenn Herrchen mich ruft, komme ich angelaufen und setze mich vor ihn. O.k., nicht immer, aber doch meistens. Und dafür gibt es dann wieder ein Leckerchen. Na, habe ich Herrchen gut gezogen oder habe ich es gut gezogen?

 

 

Unterwegs gehe ich leider einer besonderen Sammel-Leidenschaft nach, ich sammle Zecken. Herrchen hat aber auch da einen Trick drauf, er gibt mir zum Fressen immer ein Prise Zistrosen-Kraut (Cistus Incanus) in Pulverform. Und das bewirkt ohne Chemie, dass die Zecken sterben. Eine super Sache, kann ich  nur empfehlen.

 

Zu Hause habe ich inzwischen alles erkundet und erobert. Und da ich zu Herrchen Vertrauen gefunden habe und ihn doch sehr liebe, liege ich immer und überall bei ihm: auf dem Sofa, auf der Eckbank. Sogar im Badezimmer bin ich dabei. Ich habe ihm auch schon beim Duschen zugeguckt. Habe schon Interessanteres gesehen. Darum komme ich nur noch rein, wenn ich ihn erinnern will, dass es gleich mit der Wanderei wieder losgehen soll.

 

 

Und das wiederum nimmt der Chef widerspruchslos hin. Nein, das ist falsch ausgedrückt. Er findet es super! Mir scheint, er hat mich wirklich gern. Und wenn ihm was nicht passt, dann sagt er mir das. Ganz ruhig. Da brauche ich keine Angst mehr zu haben.

 

 

Als ich mich auf Frauchens Sessel gesetzt habe, war Frauchen erstmal nicht so begeistert.

Es ist schließlich ihr Sessel. Bisher jedenfalls.  Aber bei dem Blick? Geenau, Ihr habt es erraten. Wer kann diesen Augen widerstehen? Niemand, nicht mal Frauchen.

Aber auch hier bin ich kooperativ. Wenn Frauchen unbedingt will, verlasse ich den Sessel. Und lege mich wieder zu Herrchen auf die Eckbank. Ich bin schon ein fixes Kerlchen!

 

– und schließlich habe ich mich aufs Bett getraut.

 

 

 

Ja, ich weiß, mancher findet das nicht toll, wegen der Hygiene und so. Aber Herrchen achtet sehr genau darauf, dass ich ihm keinen „Mist“ ins Bett schleppe. Und da Herrchen jetzt mein Freund ist, kuschele ich mich eng an ihn und finde es klasse. Herrchen übrigens auch!

 

So, ich muss jetzt Schluss machen, mein Freund winkt mit der Leine, wir wollen los, die Eifel weiter erkunden.

 

Bis demnächst, ich melde mich wieder.

 

Liebe Grüße an alle

 

Euer Romeo, der inzwischen auch Deutsch versteht.